Russische Hauptstädte: St. Petersburg
Keimzelle von St. Petersburg ist die Peter-Paul-Festung mit ihrer weithin sichtbaren Peter-Paul-Kathedrale. 1703 wurde auf der Haseninsel der Festungsbau mit Holz begonnen, bereits 1706 durch Steinbauten ersetzt und 1740 fertig gestellt. Die Kathedrale (1712-1733 im Stil des Frühbarocks erbaut) mit ihrem 122,5 m hohen Glockenturm, dessen goldene Spitze mit einem fliegenden Engel gekrönt ist, ist eines der Wahrzeichen der Stadt. Seit dem Tode Peter des Großen (1725) ist sie auch die Grabkirche der russischen Zaren; bis zum letzten Zaren Nikolaus II. (der 1918 mitsamt seiner Familie von den Sowjets erschossen wurde) sind hier alle Romanows bestattet.
Als erster Zarenpalast wurde bereits 1711 am Newa-Ufer, gegenüber der Peter-Paul-Festung, ein kleiner Palast für Peter den Großen erbaut. Nach mehreren Um-, Erweiterungs- und Neubauten entstand der Winterpalast in seiner heutigen Form in den Jahren 1754 - 1762 im barocken Baustil. Gegenüber dem Winterpalast befindet sich das Generalstabsgebäude, 1819 - 1829 erbaut, mit einer halbrunden, 600 m langen Front. In der Mitte des Schlossplatzes, der zu einem der eindruckvollsten Plätze Europas gehört, erhebt sich die 50 m hohe Alexandersäule, die 1830 - 1834 zum Andenken an den Sieg über Napoleon errichtet wurde. Das Gebäude der Admiralität, ehemals Werft, heute Sitz der Marinebehörde, gehört mit seinem 72 m hohen Turm mit vergoldeter Spitze ebenfalls zu den Wahrzeichen von St. Petersburg.
St. Petersburg wurde 1703 von Zar Peter dem Großen gegründet und 1712 zur russischen Hauptstadt erhoben. Zar Peter der Große verband mit seiner Stadtgründung eine eindeutige politische Absicht, er wollte das russische Reich nach Europa und zum Westen hin öffnen, was durch die Lage an der Ostsee begünstigt wurde. Diese Absicht spiegelt sich auch im Stadtplan und in der Architektur St. Petersburgs wieder, die, anders als Moskau, eindeutig europäischen Charakter aufweist. Der (deutsche) Name St. Petersburg soll von der holländischen Form, wo Zar Peter der Große den Schiffsbau studierte ("Zar und Zimmermann") abgeleitet sein. Später wurde der Name in Petrograd, dann in Leningrad umgewandelt. 1991 erhielt St. Petersburg aufgrund einer Volksabstimmung wieder seinen ursprünglichen Namen. Petersburg wurde seinerzeit im Mündungsdelta der Newa gegründet und steht auf 44 Inseln; 500 Brücken überspannen Flüsse und 68 Kanäle, weshalb Petersburg auch Venedig des Nordens genannt wird. Mit seinen rund 5 Mio. Einwohnern ist Petersburg die nördlichste Millionenstadt.
Als Hauptstadt des Zarenreiches (von 1712 bis 1918) beherbergt St. Petersburg natürlich eine Reihe von Palästen, Regierungsgebäuden, Universitätsgebäuden, Kathedralen, Theatern usw., von denen ich hier nur die drei wichtigsten nennen will: Der Winterpalast, der Generalstab und die Admiralität.
Die monumentale und prächtig ausgestattete Isaak-Kathedrale ist mit einer Fläche von 111,5 x 97,6 m und 101,5 m Höhe der drittgrößte Kuppelbau der Welt (nach dem Petersdom und der Londoner St.Paul’s Cathredal). Erbaut wurde die Kathedrale in den Jahren 1818 – 1858 im spätklassizistischen Stil. Um den wuchtigen Bau auf dem sumpfigen Gelände überhaupt erst zu ermöglichen, ließ der Architekt, Auguste Montferrand, 24.000 Baumpfähle in den Untergrund rammen. Außen umgeben den Bau mit vorspringenden Säulenhallen nach antikem Vorbild 112 Monolithsäulen. Die Innenwände der Kathedrale sind mit Marmor und Halbedelsteinen prunkvoll verkleidet; mehr als 150 Bemalungen und Gemälde und über 350 Standbilder und Reliefs und überbordende Ornamentik schmücken den Innenraum. Viele der größeren Ikonen sind übrigens nicht in der herkömmlichen Holzmaltechnik, sondern als Mosaik ausgeführt; man nannte dies die „ewige Malerei“, weil so diese „Gemälde“ besser vor dem Zahn der Zeit geschützt sind. 30 km von St. Petersburg entfernt liegt am Meer Peterhof, die Sommerresidenz der Zaren. 1714 begann Peter der Große mit dem Bau, 1747 – 1752 wurde er unter Elisabeth I. weiter ausgebaut. Beeindruckend ist der Blick von der Palastterasse hinunter auf die Große Kaskade und über den Meereskanal zum Finnischen Meerbusen. Die Große Kaskade, vor dem Großen Palast auf der dem Meer zugewandten Seite, ist ein treppenförmig angelegtes Wasserkunstwerk mit vielen vergoldeten Statuen, über die sich mehrere Wasserfontänen ergießen und über Treppenstufen kaskadenförmig zum Meereskanal abfließen. 140 Springbrunnen sowie Pavillons und kleine Paläste gibt es in dem weitläufigen Park. Ein Besuch der weltberühmten Eremitage gehört zum unbedingten Muß bei einem Aufenthalt in St. Petersburg. Mit 3 Mio. Exponaten, von denen in den 400 Räumen allerdings nur ein Teil gezeigt werden kann, gehört sie zu den größten Kunstmuseen der Welt. Untergebracht ist sie im Winterpalast sowie in weiteren angrenzenden Gebäuden. Im Winterpalast selbst kann man noch ganze Saalfluchten der ehemals zaristischen Prunkräume bewundern, reich ausgestattet mit Seidentapeten, kunstvollem Mobiliar, prächtigen Lüstern, Spiegelgalerien, Wand- und Deckengemälden und Stukkaturen und vor allem: Gold, viel Gold. Die Kunstsammlung selbst, die Eremitage also, begründete bereits Peter der Große mit der Sammlung skytischer Altertümer, Katharina II. erwarb bedeutende Gemäldesammlungen und Zar Nikolaus I. vermehrte sie Anfang des 19. Jh. Dazu kamen dann Anfang des 20. Jh. erworbene oder später nach der Revolution auch verstaatlichte private Sammlungen, so dass die Eremitage heute Kunstschätze vom 7. Jh. v. Chr. bis zum 20. Jh. n. Chr. beherbergt. Neben Kunstwerken aus der griechischen und römischen Antike, aus Ägypten, Vorderasien und China ist natürlich die Kultur Russlands vom 6. bis zum 19. Jh. ebenso vertreten wie auch Meisterwerke der Malerei Westeuropas mit so bedeutenden Namen wie Leonardo da Vinci, Tizian, Rubens, Rembrandt und aus neuerer Zeit Cezanne, Matisse und Picasso. Einer der Höhepunkte eines Aufenthalts in St. Petersburg ist zweifellos ein Besuch des Katharinenpalastes in Zarskoje Selo („Zarendorf“), rund 70 km von St. Petersburg entfernt. Dort hatte Katharina I. 1717 einen kleinen Palast erbauen lassen, den Zarin Elisabeth 1752 – 1756 prunkvoll in Barock umbauen und erweitern ließ; Über 300 m lang ist die ganz in blau und weiß gehaltene und mit goldenen Statuen, Ornamenten und Kuppeln geschmückte Fassade. Zusammen mit der luxuriösen Innenausstattung repräsentiert der Palast geradezu sinnfällig Reichtum, Pracht und Prunk der russischen Zaren. Der Große Saal etwa, mit 846 qm Fläche, lichtdurchflutet von großen Fenstern und Spiegeln auf beiden Längsseiten, üppig mit vergoldeten Holzschnitzereien dekoriert, ist dafür ein sprechendes Beispiel. Die Krönung, eine der Hauptsehenswürdigkeiten: Das Bernsteinzimmer. Die 52 qm große Wandbekleidung wurde 1701 – 1709 ursprünglich für den preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. angefertigt, von diesem dann dem russischen Zaren zum Geschenk gemacht und 1755 in den Katharinenpalast eingebaut. 1942 wurde es von den deutschen Besatzern abmontiert und ist seither verschollen. In jahrzehntelanger Arbeit wurde es von Petersburger Restauratoren detailgenau nachgebaut und kann so seit einem Jahr in alter Pracht wieder bewundert werden. Die Berühmtheit dieses Raumes liegt natürlich zum Teil auch an seiner geheimnisvollen Geschichte, mehr aber noch in seiner einzigartigen Ausstattung: Mosaikartig sind die Wandbeläge aus unterschiedlich getönten, honigfarbenen polierten Bernsteinstücken zusammengesetzt und von vergoldeten Holzschnitzereien eingefasst. Natürlich ist auch dieser Palast von einem weitläufigen Park mit Alleen, Wasserspielen und -läufen, dekorativen Grünanlagen und Seen und weiteren palaisartigen Bauwerken umgeben. Unvergessliche Eindrücke hinterläßt eine Reise nach Moskau und St. Petersburg. Zwei russische Hauptstädte, einzigartig und unverwechselbar jede für sich: Moskau, unverkennbar russisch geprägt mit seinen farbenfrohen, typisch mehrfach kuppelgekrönten Kirchen und Kathedralen, die das Stadtbild dominieren. Erkennbar aber auch als die heutige Hauptstadt mit Hochhäusern, geschäftiger Betriebsamkeit und erstickend im Autoverkehr. St. Petersburg dagegen eindeutig (west-)europäisch beeinflusst, mit seinen für die absoluten Herrscher des 18. und 19. Jh. typischen Palästen und Prachtbauten, diese aber an Prunk noch um einiges übertreffend. Beide Städte sind wahrlich einer Reise wert!